11. Coffee-to-go im Mehrwegbecher

Unter dem Motto „ #andersbechern " startet Heidelberg eine neue Recycling-Initiative. Worum geht es dabei? Blicken wir auf Straßen, Parks und Gehwege fällt uns häufig die eine oder andere Serviette oder achtlos ins Gebüsch geschmissenes Einwegplastik ins Auge. Auch Einwegbecher, die zum schnellen Coffee-to-go auf dem Weg zur Arbeit oder in der Mittagspause gekauft werden und anschließend schnell am Wegesrand weggeworfen werden, prägen einen Teil des Stadtbildes. Zwei bis dreimal pro Woche trinkt der*die Deutsche seinen*ihren Kaffee in einem Becher, welcher eine Lebensdauer von etwa 15 Minuten hat – und dann im Mülleimer oder Gebüsch landet. Die Abfallwirtschaft und Stadtreinigung der Stadt Heidelberg spricht von 320.000 Einwegbechern, die allein in Deutschland pro Stunde verbraucht werden.
Eine gedankenlose Wegwerfkultur, die mehr verursacht als vermüllte Straßen. Es entstehen Umweltbelastungen bei der Herstellung und Entsorgung der Becher.

Eine Alternative: Mehrwegbecher. In ganz Deutschland sprießen Start-Ups aus dem Boden, die sich dem Thema widmen. Firmen und Städte entwickeln Konzepte, um gegen diese Form der täglichen Umweltverschmutzung und Wegwerfmentalität vorzugehen. Doch auch kritische Stimmen werden laut: Ist der Mehrwegbecher wirklich so viel umweltfreundlicher?

Mehrweg- versus Einwegbecher: Wo liegen die Vorteile?

Mehrweg- oder Einwegbecher – setzt man sich genauer mit dem Thema auseinander wird schnell klar: es gibt bisher nur wenige Studien, die sich mit der Coffee-to-go Kultur beschäftigen. Einige Fakten sind jedoch unbestritten, zum Beispiel was die grundlegenden Problematiken der Wegwerfgefäße sind.

Die „Papp“-becher aus der Tankstelle oder dem Stehcafé bestehen meistens nicht ausschließlich aus Pappe. Was danach aussieht und mit dem Begriff „wiederverwertbar“ oder „recycelbar“ in Verbindung gebracht wird, entspricht allem anderen als der Realität. Die Becher dürfen tatsächlich eigentlich nicht im Altpapier landen. Ihre Innenseite ist mit einer Plastikschicht überzogen, die vor dem weichwerden des Materials schützen soll. Der Polyethylen-Anteil von etwa fünf Prozent mündet in der Verpflichtung, die Restmüll- anstatt Papiertonne zu öffnen – wenn der Becher nicht sowieso (wie leider so oft) im Straßenmüll landet. Denn laut Berliner Stadtreinigung ist dieser Materialmix quasi nicht wiederverwertbar und landet in der Verbrennungsanlage. Hinzu kommt, dass es zu gefährlich wäre Einwegbecher aus Altpapier herzustellen: Recycling Papier besteht unter anderem aus alten Zeitungen und Zeitschriften. Die Druckerfarbe enthält Mineralölkomponenten, die für unseren Körper schädlich sind und nicht in Trinkgefäße gehören.

Die Entsorgung der Einwegbecher ist also bestenfalls problematisch. Wie aber sieht es an der Produktionsfront aus? Für Einwegbecher werden vor allem Wasser, Holz und Kunststoff benötigt. Für die jährlich in Deutschland verwendeten Einwegbecher entspricht das im Schnitt einer Belastung von 111.000 Tonnen CO2-Emissionen durch die Produktion. Die Deutsche Umwelthilfe geht von etwa 1,5 Milliarden Liter Wasser aus, die für die Herstellung benötigt werden. Dazu kommen etwa 43.000 gefällte Bäume und 11.000 Tonnen Kunststoff. Das entspricht 22.000 Tonnen Rohöl, wenn der gängige Plastikdeckel hinzugerechnet wird, der der verbrühten Hand oder dem Kaffeefleck auf den Anziehsachen vorbeugen soll.

Einwegbecher sind also alles andere als nachhaltig. Wie aber sieht es mit Mehrwegbechern aus? Auch diese bestehen meistens aus Kunststoff und erfordern bei der Herstellung den Einsatz von Materialien und Energie. Zusätzlich verbraucht der Einsatz dieser Becher Wasser, wenn sie für die erneute Verwendung gespült werden müssen. Dies geschieht in der Regel mit warmem Wasser, für dessen Erhitzen erneut Energie verbraucht und damit letztlich CO2 ausgestoßen wird. Kritische Stimmen werden gerade deshalb laut und verunglimpfen Mehrwegbecher als keine bessere – oder sogar schlechtere Alternative. Die deutsche Umwelthilfe hat in einer Studie die beiden Produkte miteinander verglichen und ist zu dem Ergebnis gekommen: Mehrwegbecher ermöglichen Einsparungspotenziale von 87.000 Tonnen CO2. Der Wasserverbrauch kann mit ihnen um etwa 1,2 Milliarden Liter, Abfälle um  40.000 Tonnen verringert werden.

Wichtig ist dabei aber, dass der Mehrwegbecher nicht zu Hause vergessen wird, um im Schrank zu verstauben. Um eine tatsächliche Verbesserung der Ökobilanz herbeizuführen, gilt:

  • ökologisch-freundliches Spülen mit möglichst wenig Wasser. Bei Spülung in der Spülmaschine sollte diese nur wirklich voll und im Sparprogram angeworfen werden.
  • häufig Nutzen: die Ökobilanz verbessert sich erst, wenn der Mehrwegbecher 20-30 Mal wiederverwendet wird. Die Becher der Firma ReCup, welche im Heidelberger Mehrwegsystem verwendet werden,  sind deshalb auf eine Anzahl von 1.000 Spülgängen ausgelegt, denn es gilt: je öfter verwenden desto besser.

Mehr und mehr Firmen steigen in das Mehrwegsystem ein. An vielen Standorten kann ein Becher gekauft und/oder aufgefüllt werden. Das Pfandsystem wird ausgereifter und bekannter, wenn auch die Palette an Nutzungsorten wächst. Heidelberg hat eine „Becherkarte“ entworfen, auf denen die Standorte vermerkt werden, in Mannheim hat die Kampagne „bleib deinem Becher treu“ eine entsprechende Karte in Leben gerufen. Auch in Heilbronn und Umgebung blinken viele grüne Pfeile auf, wenn der Landkreis online auf „climatefair2go“ sichtbar wird.

Einige der auf den Karten von "ReCup" für Heidelberg und "Bleib deinem Becher Treu" für Mannheim aufgeführten Cafés und Supermärkte bieten Bio oder FairTrade Kaffee an. Hier eine Übersicht für den gleich doppelt nachhaltigen Kaffee-Genuss:

 

Andere Alternativen

Wem der recycelbare Becher zu unpraktisch ist, wer seinem Erinnerungsvermögen nicht traut – oder wer auf eine noch ökologischere Variante zurückgreifen möchte, kann sich nach Alternativen für den im Café erhältlichen Coffee-to-go-Becher umsehen.

Hier ist der mitgebrachte eigene Thermobecher die beste Lösung. Aus einer großen Anzahl an Angeboten kann der Passende ausgewählt werden, denn die Thermobecher gibt es mittlerweile in allen Größen und Farben und in verschiedenen Materialien, von Keramik bis Bambus. Ein großer Pluspunkt ist auch die Wärmedichtung: Das Getränkt bleibt länger heiß als in den Mehrwegbechern.

Schöner Nebeneffekt: Neben Plastikabfall kann auch noch Geld gespart werden: für das eigens mitgebrachte Gefäß gibt es mittlerweile in vielen Geschäften Rabatt beim Kaffeepreis. Alternativ kann der Kaffee - z.B. mit Bio- und Fair-Trade-Label - auch gleich zu Hause zubereitet und im Thermobecher mitgenommen werden.

Eine weitere Alternative für den Mehrwegbecher oder allgemein den Coffe-to-go-Kaffee: genießen Sie den Kaffee doch lieber entspannt zu Hause, entspannt sitzend im Café oder bei einer ruhigen Pause im Büro oder der Büro-Küche. Eigentlich sollte es doch um Kaffee-Genuß gehen und Momente der Entspannung. Etwas, das in der heutigen „to-go“-Kultur fast vergessen scheint.


Lesen Sie außerdem in diesem Beitrag:


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3. Bio-Lebensmittel

4. Faire Lebensmittel

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9. Wasser sparen statt verschwenden

10. Wie Sie die Verschwendung von Lebensmitteln vermeiden können

11. Coffee-to-go im Mehrwegbecher

12. Nachhaltige Ernährung in Heidelberg und Umgebung - Ergebnis einer Umfrage

 

Weitere Informationen und Quellen:

 

Deutsche Umwelthilfe: Coffee to go-Einwegbecher – Umweltauswirkungen und Alternativen. Hintergrundpapier der Deutschen Umwelthilfe

www.duh.de/uploads/tx_duhdownloads/DUH_Coffee-to-go_Hintergrund_01.pdf 

Becherkarten:

 

Heidelberg:becherkarte.de/#

Mannheim: www.bleibdeinembechertreu.de/#subpage-28 

Heilbronn/Heidelberg:www.climatefair2go.de/   

 

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