<< zurück zu: Nachhaltige Ernährung

2. Regionale Lebensmittel

Viele Lebensmittel, die auf unseren Tellern landen, haben lange Transportwege hinter sich. Ein Erdbeerjoghurt z.B. hat fast 8.000 km zurückgelegt, bevor Sie ihn genießen können, die meisten davon im Lastwagen. Viele Millionen Liter Treibstoff werden für diese Lebensmitteltransporte verbrannt, hohe Mengen an CO2-Emissionen inbegriffen. Besonders schlimm sieht die Bilanz aus, wenn es um Lebensmittel geht, die aus der Ferne per Schiff oder dem Flugzeug zu uns gebracht werden. Mehr als 500 mal so viel Energie wie für heimische Erzeugnisse wird für Lebensmittel aufgewendet, die per Luftfracht aus Übersee zu uns gelangen. 

Transporte von Lebensmitteln mit dem Flugzeug sind besonders umweltschädlich

Bei manchen Lebensmitteln ist der Transport schwer zu vermeiden. Bestimmte tropische Früchte können in Deutschland und auch in Europa nicht angebaut werden. Bei ihnen bleibt aber zu fragen, ob sie in solchen Massen bei uns verfügbar sein und wir sie als selbstverständlich regelmäßig konsumieren müssen. Besonders kritisch sind aber auch bei ihnen zudem sogenannte Flugfrüchte zu betrachten. Flugananas und Flugmango sind - wie der Name ausdrückt - nicht langsam mit dem Schiff zu uns transportiert worden, sondern, um möglichst viel Aroma in der Frucht zu bieten, mit dem Flugzeug hergeflogen worden. Der Transport mit dem Flugzeug ist aber deutlich klimaschädlicher als mit dem Schiff.

Bei anderen Lebensmitteln, die wir auch bei uns erzeugen, müssen wir uns fragen, ob es wirklich Erdbeeren im Winter aus Südafrika sein müssen.

Regionale wie saisonale Lebensmittel und umweltfreundliche Mobilität gehen Hand in Hand

Eine Möglichkeit den Transporten die Stirn zu bieten und sich klimafreundlicher zu ernähren, ist die mit der Verwendung von saisonalen Lebensmitteln einhergehende Nutzung von regionalen Erzeugnissen. Doch was heißt regional? Ist der Kauf von Produkten aus Deutschland - z.B. aus Mecklenburg-Vorpommern - regional? Unserer Meinung nach ist er es nicht! Wir haben als regional die Erzeugnisse der Rhein-Neckar-Region eingestuft. Für den oder die Einzelne/n mit Wohnsitz im Odenwald aber ist die Grenze der Rhein-Neckar-Region in der Pfalz bereits weit weg und nicht mehr gefühlt regional. Fahrtwege werden dann auch bereits lang und unökologisch. Deshalb schließen wir uns dem Ergebnis einer Untersuchung an, die das Heidelberger Institut für Energie- und Umweltforschung (IFEU) durchgeführt hat und das einen Umkreis von 50km um den eigenen Wohnort als regional betrachtet.

Regionale Erzeugnisse können Sie am besten auf dem lokalen Wochenmarkt, im Hofladen landwirtschaftlicher Betriebe oder oft auch im Biomarkt erhalten. Hier finden Sie eine Übersicht über die Wochenmärkte der Rhein-Neckar-Region und der Hofläden in der Region. Aus Nachhaltigkeitssicht besonders sinnvoll ist regional und saisonal einzukaufen. D.h. nicht im Winter auf dem Markt oder im Hofladen die Erdbeeren kaufen, die es dort durchaus auch gibt, weil der Landwirt beim Großmarkt zugekauft hat. Sondern auf dem lokalen Markt oder im Hofladen regional die Produkte der Saison kaufen. Auch die Äpfel aus der Region können im Frühjahr auf dem Markt gekauft durchaus eine schlechtere Ökobilanz aufweisen, als die Äpfel aus Übersee, weil die nicht lange energieintensiv gelagert werden mussten.

Die Nachhaltigkeit von regionalen Erzeugnissen geht auch schnell wieder verloren, wenn wir statt zu Fuß beim Supermarkt um die Ecke einzukaufen, lieber 30 km zum Hofladen oder 5 km mit dem Auto zum Bioladen mit regionalen Erzeugnissen fahren. Radeln Sie deshalb lieber mit dem Fahrrad oder gehen Sie zu Fuß zum lokalen Markt oder Hofladen. Wenn es dennoch das Auto sein muss, dann machen Sie den Ausflug zum Hofladen doch mit Freunden gemeinsam. Eine andere Möglichkeit ist, Lieferservices zu nutzen. Sie liefern meist Biokisten mit frischem Obst und Gemüse vom Hof und sind von den Transportwegen optimiert oder liefern sogar mit dem Transportrad aus. Eine Übersicht der Lieferservices in der Rhein-Neckar-Region finden Sie hier.

Ein weiterer Vorteil von regionalen und saisonalen Lebensmitteln neben der Vermeidung großer Transportwege der Lebensmittel ist übrigens auch, dass diese Produkte oft günstig sind, ihr Geldbeutel also weniger geschröpft wird, als beim Kauf von Produkten aus Übersee außerhalb der Saison.

Regionale Lebensmittel schaffen Nähe und Vertrauen zur Landwirtschaft

Wir haben oft keinen Bezug zur Lebensmittelproduktion mehr. Früher hatten viele Menschen einen kleinen Garten in unmittelbarer Nähe zum Anbau von Obst und Gemüse, gab es landwirtschaftliche Betriebe innerhalb des Stadtgebietes. Tierzucht war Teil des Alltags. Mit der Flurbereinigung und der Aufgabe vieler landwirtschaftlicher Betriebe sind die landwirtschaftlichen Aktivitäten aus den Städten verschwunden, viele Landwirte produzieren nicht mehr für die lokale Bevölkerung, sondern für industrielle Großabnehmer, Nutztiere werden nicht selten hinter gut verschlossenen Türen in riesigen Ställen gemästet. Gärten in den Städten zur Selbstversorgung sind rar geworden. Der Kauf beim Supermarkt um die Ecke erhöht den Gewinn eines weit entfernt sitzenden Konzerns. Tante Emma, die Sie noch selber kannten, ist längst verschwunden. All das hat uns von unseren Lebensmitteln entfernt und lässt sie uns nur noch als billige Ware wahrnehmen. Wir wissen gar nicht mehr, welchen Aufwand es macht, sie zu erzeugen.

Regional erzeugte Nahrungsmittel können wieder Nähe und auch Vertrauen schaffen. Auf dem Markt oder im Hofladen haben Sie die Möglichkeit, den/die ErzeugerIn nach den Produktionsbedingungen zu befragen bzw. sie sogar direkt vor Ort in Augenschein zu nehmen. Manche ErzeugerInnen sind besonders vorbildlich was die Verbraucherinformation angeht. Bei manchen, wie dem Martinshof in Böbingen können Sie sich regelmäßig an der Ernte beteiligen und die Produktion vor Ort kennenlernen. Der Klosterhof des Klosters Stift Neuburg in Heidelberg bietet immer wieder in Verbindung mit NatürlichHeidelberg Infoveranstaltungen zum ökologischen Landbau auf dem Gut an. Im dortigen Hofladen erfahren Sie übrigens beim Kauf von Fleisch auch, wie die Kuh hieß und wie sie gelebt hat, bevor sie geschlachtet wurde. Was für uns zunächst grausam klingt, war für unsere Groß- und Urgroßeltern aber ganz normal. Im Grundsatz gilt: wer als Landwirt nichts zu verbergen hat und die Nähe zu seinen Kunden und Kundinnen schätzt, wird sich gerne in die Karten schauen lassen.

Solidarische Landwirtschaft

Manche Landwirte und Konsumenten gehen weiter. Sie schließen sich zu Solidargemeinschaften zusammen. Im Rahmen der sogenannten Solidarischen Landwirtschaft (Solawi) geben VerbraucherInnen einem/einer LandwirtIn eine Abnahmegarantie für die Erzeugnisse des Hofs oder übernehmen die Kosten des Betriebs und erhalten so im Gegenzug die dort erzeugten Lebensmittel für eine bestimmte Zeit. Betreib und Konsumenten werden so ein Stück weit von den nicht-nachhaltigen Prozessen der industriellen Landwirtschaft abgekoppelt. Was bei uns noch ein Nischendasein fristet, ist in Japan, wo die Idee vor rund einem halben Jahrhundert entstand, bereits viel etablierter. Dort sind rund ein Viertel der Haushalte an einer entsprechenden Partnerschaft mit einem landwirtschaftlichen Betrieb beteiligt. Das Modell ist also auch bei uns ausbaufähig. Hier finden Sie eine Übersicht der Solawi-Initiativen in der Rhein-Neckar-Region.

Regionale Erzeugnisse im Supermarkt

Regionale Erzeugnisse gibt es durchaus auch im Supermarkt. Oft sind sie besonders ausgezeichnet. Doch Vorsicht: Selbst wenn die Erzeugnisse aus der Region stammen, werden sie oftmals erst aus der Region heraus zu überregionalen Verteilzentren transportiert und von dort wieder zu den lokalen Geschäften gefahren. Fragen Sie in Ihrem Supermarkt oder im Bioladen nach, wie die Erzeugnisse der Region dorthin gelangt sind.

Die Zeitschrift Ökotest hat zudem vor einer Weile aufgedeckt, dass einige große Supermarktketten bei den Produkten aus der Region eifrig Etikettenschwindel betreiben. So wurde von den Testern Bananennektar als regionales Erzeugnis angepriesen vorgefunden, obwohl Bananen nirgends in Deutschland angebaut werden können. Zudem wurden zahlreiche Produkte, die als regional gekennzeichnet waren, bundesweit vertrieben. Der Trick: die Definition der Produkte als regional beinhaltet, dass sie vor Ort verarbeitet oder aus Rohstoffen in der Region hergestellt wurden. Mit echten Regionalprodukten hat dies aber wenig zu tun. Genau an der Stelle fängt das Problem an, dass es nämlich anders als beim Bio-Produkt keine verbindlichen gesetzlichen Vorschriften oder Definitionen dafür gibt, was als regionales Produkt bezeichnet werden darf. Fallen Sie also nicht auf die Tricks bestimmter Hersteller und Marken im Supermarkt herein, die Sie emotional über die vermeintliche Regionalität an das Produkt binden wollen. Im Zweifel also einmal mehr nachfragen!

 

Finden Sie hier: Adressen zur nachhaltigen Ernährung in der Rhein-Neckar-Region


Lesen Sie außerdem in diesem Beitrag:
 

1. Saisonale Lebensmittel

2. Regionale Lebensmittel

3. Bio-Lebensmittel

4. Faire Lebensmittel

5. Durchs Lab(el)rinth: Bio & Fairer Handel Siegel

6. Vegane Ernährung: DIE umweltbewusste Ernährungsform

7. Tipps für nachhaltigen Fischkonsum

8. Nachhaltige Ernährung außer Haus

9. Wasser sparen statt verschwenden

10. Wie Sie die Verschwendung von Lebensmitteln vermeiden können

11. Coffee-to-go im Mehrwegbecher

12. Nachhaltige Ernährung in Heidelberg und Umgebung - Ergebnis einer Umfrage

 


Weiterführende Informationen und Quellen

Solidarische Landwirtschaft e.V.: Was ist Solidarische Landwirtschaft?

http://www.youtube.com/watch?v=0QndxeDXn-M

 

Bayerischer Rundfunk: Stadt, Land, Beides. Solidarische Landwirtschaft:

https://www.youtube.com/watch?v=9PbS3kkBWtQ

Veranstaltungen

Keine Nachrichten verfügbar.