<< zurück zu: Die Folgen unserer Ernährung

Die Überfischung der Meere

Das Leben auf unserem Planeten entwickelte sich einst in den Ozeanen. Heute sind wir Menschen dabei, das Leben in den Meeren, diesem Quell der Evolution, auf industrielle Art und Weise abzuschöpfen und massiv zu dezimieren. Für unseren Heißhunger auf Fisch grasen riesige Fischfangflotten mit schwimmenden Fischfabriken so groß wie Fußballfelder und modernster 3D-Sonar- und Satellitentechnik ausgestattet, die Meere nach allem ab, was sich fangen lässt und vermarktbar ist. Große Mengen unerwünschten Beifangs - Seevögel, Meeressäuger, Schildkröten - werden dabei zurück ins Meer geworfen, wo sie meist qualvoll an ihren Verletzungen und völlig unnötig verenden.     

Vom Fischreichtum zum Niedergang der Fischbestände

Berichte der großen Entdeckungsreisen zu Zeiten von Magellan und Kolumbus erwähnen, dass die Seefahrer nur einen Speer ins Wasser zu stechen brauchten und schon hätten sie mehrere Fische für ein Mahl gefangen. Der Ozean: das war einst Vielfalt und Reichtum an Fisch, Schildkröten, Meeresvögeln, Walen und anderen Säugetieren. Die Fischereiindustrie hat diesen Reichtum hemmungslos genutzt, um den Wunsch nach Fischverzehr zu bedienen, sei er noch so weit von den Küsten entfernt. Insbesondere seit 1950 hat sich die Menge der weltweit gefangenen Fische verfünffacht. Laut Welternährungsorganisation der Vereinten Nationen sind 13 der 17 Hauptfischfanggebiete der Weltmeere heute praktisch leer gefischt. Nach Jahrzehnten industriellen Fischfangs sind mehr als 75 % der globalen Fischbestände maximal ausgebeutet oder überfischt.

Was Überfischung heißt, hat der Nordosten der USA bereits schmerzlich erfahren müssen. Dort verrotten heute riesige Fischfangflotten in den Häfen. Einst sind sie ausgerückt, um die reichen Kabeljaubestände der Küstengewässer abzufischen. Seit dem Ende der 1980er Jahre sind sie leer gefischt. Nicht mal mehr 5 % der einstigen Bestände sind übrig geblieben. Und: trotz eingestellter Fischerei erholen sie sich bis heute nicht.

Dieses Schicksal droht laut renommierten Fischereiwissenschaftlern auf globaler Ebene. Sie fürchten, dass bei einem „weiter so wie bisher“ Mitte des Jahrhunderts nichts mehr in den Meeren zu fischen ist. Die Bestände der großen wandernden Fischarten, die wir so gerne achtlos auf Pizzen legen wie der Thunfisch sind schon heute auf ein Zehntel ihrer Größe geschrumpft, die sie vor Beginn der industriellen Fischerei hatten. Zudem sind ausgewachsene Exemplare selten. Die gefangenen Thunfische wiegen auch kaum mehr die Hälfte dessen, was einstige Fangexemplare auf die Waage brachten. Bei Merlinen ist das Gewicht gar auf ein Viertel geschrumpft. Kein Wunder daher, dass ein einziges kaum mehr zu fangendes 4 Meter langes und bis 700 kg schweres Prachtexemplar eines Blauflossenthunfisches auf dem Tokioter Fischmarkt einen Erlös von bis zu 75.000 Euro erbringen kann.

Fischfang in fremden Fanggründen und der Tiefsee

Wurde früher in Küstennähe, in heimatlichen Gefilden ausreichend gefangen, müssen die Fischfangflotten heute wegen der Überfischung der lokalen Bestände in tropischen oder subtropischen Gewässern nach den großen Fischschwärmen suchen. Dabei kommen modernste Technik an Bord der Schiffe und sogar Hubschrauber zum Einsatz. Mehr als die Hälfte des Fisches, der weltweit konsumiert wird, stammt nicht aus dem Land, in dem er aufgetischt wird. Genauer stammt ein großer Teil der Fische, die in den reichen Industrienationen auf den Teller kommen, aus den so genannten Entwicklungsländern. Dort sind die Fischfangrechte oft mit Hilfe korrupter Staatsbediensteter ergattert worden. Seitdem sind lokale Fischer meist zum Verbleib an Land gezwungen. Der lokalen Bevölkerung – ohnehin oft von Hunger und Not geplagt – steht eine eigentlich günstige und reichhaltige Nahrungs- und Proteinquelle somit nicht mehr oder nur eingeschränkt zur Verfügung.  

Doch die Fischfangflotten haben sich nicht nur in Richtung Südhalbkugel in Fahrt gesetzt, sie durchkämmen heute vor allem auch die Tiefsee. Inzwischen liegen bereits 40 % der Fischgründe der Fischfangflotten in der Tiefsee. Mit gewaltigen, mehrere Kilometer langen Grundschleppnetzen mit Öffnungen, in die viele Jumbojets zugleich passen, wird die Tiefsee abgefischt. Vor den Netzen pflügen schwere Walzen oder Eisenketten vorweg den Meeresboden in 2.000 m Tiefe um. So werden die erst kürzlich überhaupt entdeckten und jahrtausendealten Tiefseekorallen vernichtet und Schwämme zerdrückt, die sonst die wertvollen Netze zerschneiden würden. Mit diesen Netzen werden Fische in einem Bereich des Ozeans gefangen, den wir Menschen noch kaum erforscht haben. Er wird zerstört, ehe wir wissen, was dort eigentlich wie lebt. Tiefseefische sind langlebig, wachsen und vermehren sich langsam und spät. Werden sie weggefangen, erlischt daher beinahe automatisch die gesamte Population am Fanggrund. Die Netze hinterlassen zudem eine einzige öde Wüste am ursprünglich lebensreichen Meeresgrund in großer Tiefe.

Den Meeren setzt mehr als nur der Fischfang zu

Den Fischbeständen und maritimen Ökosystemen setzen zudem der massive illegale Fischfang und die Belastung der Meere zu. Von vielen Nationen werden sie als Kloake missbraucht, mit Plastikabfall vermüllt und mit Ölförderanlagen zugepflastert. Laut dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) wandern jährlich 5 Millionen Tonnen Plastikmüll in die Ozeane und von dort in die von uns konsumierten Fische. Wale und andere Meeressäuger leiden unter den Lärmbelästigungen der zivilen und vor allem der militärischen Schifffahrt. Korallen und damit ganze tropische Ökosysteme sind von der Versauerung der Meere gefährdet, weil die Meere zunehmend CO2 aus der Atmosphäre aufnehmen. Die Folgen der Belastung der Meere bekommen auch immer mehr Urlauber zu spüren, die wegen Quallenschwärmen und Algenschleim immer wieder mal nicht ins Wasser können.

Auch Aquakultur ist keine Alternative

Auch die oft gepriesene Aquakultur – also Fischzucht – löst das Problem nicht. Im Gegenteil: in Ländern wie Thailand, Vietnam und Indonesien wurden und werden große Mengen der für den Küstenschutz sowie für die lokalen Fischbestände und Ökosysteme so wichtigen Mangrovenbäume an der Küste gerodet, um dort Shripms-Farmen zu etablieren. Für die Lachs- oder Thunfischzucht werden riesige Mengen an Fangfisch aus den Meeren verfüttert, die Zuchtareale zudem mit Fäkalien, Chemikalien und Antibiotika belastet.

Von nachhaltigem Fischereimanagement und Meeresschutzgebieten

Nachhaltige Fischerei auf breiter Basis gibt es bisher nicht. Im Gegenteil: in vielen Ländern werden weiterhin massive Subventionen gezahlt, damit die Fischereiindustrie die Technik optimieren und noch effektiver fangen kann. Es werden zwar vereinzelt Erkenntnisse der Ökologie in das Fischereimanagement mancher Staaten integriert und Meeresschutzgebiete auf hoher See ausgewiesen, doch das reicht bei weitem nicht, um das Problem in den Griff zu bekommen. Längst fordern Wissenschaftler daher die Hochsee weltweit zumindest für bestimmte Arten komplett für den Fischfang zu sperren.

Lesen Sie außerdem in diesem Beitrag:

1. Die ökologischen Folgen unserer Ernährung

2. Die ökonomischen und sozialen Folgen unserer Ernährung

3. Die gesundheitlichen Folgen unserer Ernährung

4. Die Überfischung der Meere

5. Die Verschwendung von Lebensmitteln

6. Der Wasserbedarf unserer Lebensmittel

 

Weiterführende Informationen und Quellen


Thema Fischerei auf der Greenpeace Deutschland Webseite:

http://www.greenpeace.de/themen/meere/fischerei

Themenseite des WWF zu den Weltmeeren und ihren Bedrohungen:

http://www.wwf.de/themen-projekte/meere-kuesten/

 

Veranstaltungen

Keine Nachrichten verfügbar.